Was ist der Täter - Opfer - Ausgleich?
Die Rolle der Opfer in Strafverfahren rückt seit mehr als 20 Jahren verstärkt ins Bewusstsein. Dabei wird gerade der Umgang mit Opfern im geltenden Justizsystem vor allem wegen deren ohnmächtigen Position im Strafverfahren immer mehr kritisiert. Das Opfer muss gegebenenfalls in einem Zivilverfahren selbst die Schadenswiedergutmachung betreiben. Bei den Gerichtsverhandlungen gegen die Täter haben die Opfer oftmals nur die Rolle eines Zeugen. Ihre Ängste, Bedürfnisse, Kränkungen und erlittenen Verletzungen werden oft nicht in der ihnen gebührenden Form beachtet.
Anders als bei einem Strafgerichtsverfahren, in dem der Täter zu einer Strafe verurteilt wird, von der das Opfer in den meisten Fällen keinen Vorteil hat, wird im Täter - Opfer - Ausgleich versucht, mit beiden an der Tat Beteiligten, also Täter und Opfer, eine Wiedergutmachung der erlittenen Verletzung oder des erlittenen Schadens zu finden. Wenn sowohl das Opfer, als auch der Täter sich auf eine Wiedergutmachung einigen können, wird das Verfahren von der Staatsanwaltschaft im Regelfall eingestellt.
Angewandt wird der Täter-Opfer-Ausgleich im Regelfall bei Körperverletzungsdelikten. Eingeleitet wird der Täter-Opfer-Ausgleichs im Regelfall von der Staatsanwaltschaft, bzw. die Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs bedarf der Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft. Vorraussetzung für die Durchführung ist, dass die Verletzungen des Opfers nicht schwerwiegender Natur sind und dass der Täter (im Regelfall) bisher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Die Vorgehensweise beim Täter - Opfer - Ausgleich sieht folgendermaßen aus:
In einem Vorgespräch mit dem Opfer wird dessen Bereitschaft nach einer solchen Vorgehensweise ausgelotet. Das Opfer kann offen in geschütztem Rahmen über seine Ängste und sein Erleben sprechen und kann auf diesem Weg das Erlebte verarbeiten. Konflikte, die zwischen Täter und Opfer eventuell schon längere Zeit schwelten können offen angesprochen werden.
In einem Vorgespräch mit dem Täter wird versucht, dessen Motive für sein Handeln zu ergründen und ihm die Position und Rolle des Opfers und dessen Befindlichkeiten nahe zu bringen.
In einem gemeinsamen Gespräch von Opfer und Täter, bei dem ein(e) Mitarbeiter(in) des Jugendamts zugegen ist, wird versucht, die Positionen des Opfers und des Täters zu durchleuchten. Dem Täter wird vor Augen geführt, wie sich das Opfer zum Tatzeitpunkt gefühlt hat, welche Ängste es durchlebte und unter welchen Folgen es noch immer leidet. Gemeinsam wird versucht eine Wiedergutmachung, des erlittenen Schadens zu finden und die Konflikte, die eventuell zwischen Täter und Opfer noch schwelen zu lösen. Ziel ist es, dass Opfer und Täter sich nach der Durchführung des Täter - Opfer - Ausgleichs begegnen können, ohne voreinander Angst haben zu müssen.
Gleichzeitig ist ein weiteres Ziel im Täter - Opfer - Ausgleich sowohl die strafrechtlichen wie auch die zivilrechtlichen Ansprüche in einem Verfahren zu behandeln.