FAQ
Brauche ich einen Rechtsanwalt?
Laut StPO (Strafprozeßordnung) und JGG (Jugendgerichtsgesetz) ist nur in bestimmten Fällen ein Verteidiger zwingend vorgeschrieben – z.B. wenn ein Verbrechenstatbestand angeklagt ist oder wenn der Beschuldigte in U-Haft sitzt. Dann wird, wenn man sich nicht schon selber um einen Anwalt gekümmert hat, ein Pflichtverteidiger bestellt.
Bei den meisten Verfahren ist das nicht der Fall, und es stellt sich eher die Frage, ob man einen Anwalt will. Viele fühlen sich mit einem Rechtsbeistand sicherer und der Situation nicht mehr so ”ausgeliefert”. Aber natürlich kostet der Geld, und außer bei einem Freispruch muss man diese Kosten selber tragen.
Ob mit oder ohne Anwalt: Die Aufgabe des Gerichte ist in jedem Fall, ein gerechtes Urteil zu fällen. Wenn Du Fragen hast, ob Du einen Anwalt einschalten solltest oder nicht, dann spreche am besten mit der Jugendhilfe im Strafverfahren.
Muss ich unbedingt zur Jugendhilfe im Strafverfahren (JuHiS) gehen?
Die JuHiS ist grundsätzlich freiwillig, und es entstehen keine Nachteile, wenn Du nicht hingehst.
Allerdings dienen die Informationen, die das Gericht von der JuHiS bekommt, dazu, ein möglichst ”passendes” Urteil zu fällen. Auch ist es für Dich von Vorteil, wenn Du zumindest in groben Zügen erfährst, was auf Dich zukommt. Nicht zuletzt trägt es zu einem positiven Gesamteindruck bei, wenn Du bei dem Verfahren, zu dem auch der Bericht der JuHiS gehört, mitwirkst.
Also: Du musst nicht hingehen – aber meistens ist es für Dich von Vorteil, wenn Du hingehst.
Ich bin Auszubildender und habe deshalb tagsüber keine Zeit – brauche ich mich deshalb gar nicht erst zu melden?
Viele von unseren ”Kunden” arbeiten oder sind in Ausbildung – und es soll keiner benachteiligt sein, weil er tagsüber seine Pflichten hat. Wenn es also gar nicht anders geht und Du nicht frei bekommst, rufe trotzdem an. Irgend eine Lösung haben wir immer noch gefunden!
Bin ich nach einem Verfahren vorbestraft? Muss ich das bei künftigen Bewerbungen angeben?
Das Jugendgericht will einem Jugendlichen oder Heranwachsenden nicht die Zukunft erschweren. Daher stehen die meisten Strafverfahren nicht im Führungszeugnis und gelten auch nicht als Vorstrafe, man muss also keinem davon erzählen. Anders ist es, wenn man zu einer Jugendstrafe (d.h. mindestens 6 Monate Haft, auch auf Bewährung) verurteilt wurde. In diesem Fall ist der Strafmakel nach Ende der Bewährungs- oder Haftzeit getilgt. Bitte frage dazu die Jugendhilfe im Strafverfahren, die kann Dir individuellere Auskunft geben.
Die Jugendhilfe im Strafverfahren sitzt im Jugendamt – heißt das, dass ich vielleicht ins Heim muss?
Wenn es daheim so große Schwierigkeiten gibt, dass Du dort gar nicht mehr zurecht kommst und weg willst, vermitteln wir gerne Kontakt zu den Stellen im Jugendamt, die für eine Inobhutnahme oder eine andere Hilfe sorgen können. Wenn der Wunsch besteht, vermitteln wir auch Ansprechpartner von freien Trägern, z.B. der Erziehungsberatungsstelle oder der Drogenberatung.
Das geschieht aber nur, wenn es von den Betroffenen gewünscht wird !
Eine Maßnahme gegen den Willen des Kindes oder des Jugendlichen kann vom Jugendamt nur dann eingeleitet werden, wenn das Wohl massiv gefährdet ist.
Mein Kind hat etwas angestellt – ist das der Beginn einer kriminellen Karriere?
Die Jugendkriminalität gilt oft als ”episodenhaft”, d.h. viele, die einen Fehler gemacht haben, bekommen ihre gerechte Strafe und haben danach nie wieder Probleme – so etwas kommt in den besten Familien vor. Es kann sich aber auch um ein Anzeichen eines tieferliegenden Problemes handeln. Eltern sollten deshalb nicht panisch überreagieren, aber trotzdem ein wachsames Auge auf die Entwicklung des Sohnes oder der Tochter haben. Bagatellisieren ist erzieherisch ebenso wenig sinnvoll wie dramatisches Hochspielen eines Fehltrittes. Wenn Sie sich unsicher sind, wie sie die Situation einschätzen sollen, nutzen Sie einfach eine Beratung durch die Jugendhilfe im Strafverfahren oder durch eine Erziehungsberatungsstelle – oft gelingt es mit der Unterstützung durch Außenstehende leichter, zu einer sinnvollen Position zu finden.
Kommt es auf jeden Fall zu einer Gerichtsverhandlung?
Nein, nicht in jedem Fall. Wenn ein Verfahren erst einmal angelaufen ist, entscheidet die Staatsanwaltschaft, wie es weitergeht. Im Jugendrecht sind drei Wege möglich:
1.) Eine Einstellung erfolgt ohne weitere Maßnahmen.
2.) Diversion: Eine Einstellung erfolgt, nachdem Du zu einem Gespräch im Jugendamt erschienen bist und eine besprochene Ahndung abgeleistet hast.
3.) Anklage: Wenn Du eine Anklageschrift erhältst, dann kommt es i.d.R. auch zu einer Verhandlung.
Werden Zuschauer in der Verhandlung anwesend sein? Und die Presse?
Entscheidend ist das Alter zum Zeitpunkt der Tat:
Wenn Du zur Tatzeit schon 18 oder älter warst, dann ist die Öffentlichkeit in der Regel zugelassen. Sogar die Presse darf dabei sein – in einem Zeitungsartikel dürfen aber keine Namen stehen. In begründeten Ausnahmefällen liegt es im Ermessen des Richters, die Öffentlichkeit auszuschließen. Wenn Du denkst, dass ein solcher Fall bei Dir vorliegt, spreche am besten mit der Jugendhilfe im Strafverfahren darüber.
Wenn Du zur Tatzeit noch keine 18 Jahre alt warst, ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das heißt, in den Zuschauerbänken dürfen nur Deine Eltern sitzen. Einzige Ausnahme: Wenn ein Mitangeklagter zur Tatzeit über 18 Jahre alt war, ist die Verhandlung normalerweise öffentlich.
Muss ich als Angeklagter die Prozesskosten tragen? Das kann ich mir doch gar nicht leisten!
Wenn Du bereits Geld verdienst bzw. Ausbildungsgehalt bekommst, kann es sein, dass Du die Kosten des Verfahrens tragen musst. Die sind aber nicht so hoch, wie viele befürchten: Die reinen Gerichtskosten liegen oft unter 100 €. Teurer wird es allerdings, wenn Zeugen einbestellt werden müssen oder Gutachten erforderlich sind – besonders Gutachten können teuer sein.
Wenn Du allerdings noch kein Geld verdienst weil Du noch Schüler bist, oder im Falle eines Freispruchs, trägt die Staatskasse die Verfahrenskosten.