Ablauf einer Jugendgerichtsverhandlung

Vorbemerkungen: Ist der Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahren alt gewesen, findet die Hauptverhandlung zu dessen Schutz unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
War der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat über 18 Jahre alt, ist bei der Hauptverhandlung die Öffentlichkeit zugelassen.
Ein Anwalt ist in einer Jugendgerichtsverhandlung nicht zwingend erforderlich (außer, wenn den jungen Menschen Verbrechenstatbestände zur Last gelegt werden, bei denen eine Pflichtverteidigung erforderlich ist, oder Fallgestaltungen gemäß § 86 JGG eintreten). Jeder Jugendliche oder Heranwachsende hat das Recht sich einen Rechtsanwalt zu bestellen, im Falle einer Verurteilung oder einer Einstellung müssen die Kosten dafür vollständig übernommen werden. Im Falle eines Freispruchs fallen die Anwaltskosten der Staatskasse zur Last.
Ausschlaggebend für die Höhe der Ahndung sind der Eindruck, den der Beschuldigte auf den vorsitzenden Richter macht, aber auch natürlicherweise die Tat, die dem Beschuldigten zur Last gelegt wird.
Bei Gericht herrscht keine „Kleiderordnung“, d.h. niemand muss sich „verkleiden“. Ziehen Sie doch einfach die Kleidung zur Hauptverhandlung an, die sie auch normalerweise tragen.
Ein kleiner Tipp: Mützen, Caps bitte abnehmen, Smartphones ausschalten und Kaugummis aus dem Mund nehmen. Hier reagieren Richter oft allergisch.

Und nun beginnt es endlich...

  • Alle Verfahrensbeteiligten werden in den Gerichtssaal gerufen. Die Zeugen werden belehrt, dass sie verpflichtet sind wahrheitsgemäße Angaben zu machen und dass sie mit empfindlichen Strafen zu rechnen haben, wenn sie willentlich falsche Angaben zur Sache machen.
    Anschließend werden die Zeugen aus dem Sitzungssaal geschickt.
  • Zu Beginn der Hauptverhandlung werden dem Beschuldigten vom vorsitzenden Richter zunächst einige Fragen zu den persönlichen Verhältnissen gestellt (Geburtsort, Geburtsdatum, Wohnort, Anschrift, beruflicher oder schulischer Status).
  • Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft verliest die Anklageschrift. 
  • Es erfolgt die Feststellung, ob die Anklageschrift und die Ladung fristgemäß zugestellt wurden.
  • Der Beschuldigte wird vom vorsitzenden Richter befragt, ob er sich zu den ihm zur Last gelegten Tat(en) äußern will. Eine Pflicht hierzu besteht nicht, erhöht aber den Aufwand des Gerichts und kann unter Umständen dazu führen, dass der Eindruck entsteht, dass das Unrecht der Tat nicht eingesehen oder bereut wird. Dies kann dann dazu führen, dass eine Einstellung des Verfahrens gegen gewisse Auflagen nicht in Betracht kommt. Wenn der Angeklagte sich äußern will, werden zunächst vom Richter und anschließend vom Staatsanwaltschaft Fragen zur Tat bzw. deren Begehung gestellt (Beweggründe zur Begehung der Tat, Tatablauf, etc.). Wichtig ist auch das „Nachtatverhalten“, z.B. ob sich der Beschuldigte bei dem / der Geschädigten entschuldigt hat, eine Schadenswiedergutmachung erfolgt ist usw.
  • Eventuelle Zeugen werden in den Sitzungssaal gerufen und werden vom vorsitzenden Richter und vom Vertreter der Staatsanwaltschaft zu ihren Beobachtungen zur Tat befragt. Nach ihrer Befragung haben die Zeugen bei nichtöffentlichen Verhandlungen den Sitzungssaal zu verlassen. Bei öffentlichen Verhandlung können sie im Zuhörerraum Platz nehmen und dem weiteren Verlauf der Verhandlung folgen.
  • Die Auszüge aus dem Erziehungsregister (und bei Straßenverkehrsdelikten dem Straßenverkehrszentralregister) werden verlesen.
  • Die Jugendhilfe im Strafverfahren erstattet ihren Bericht und gibt einen Ahndungsvorschlag ab.
  • Der Staatsanwalt führt aus warum er den Angeklagten für schuldig oder unschuldig hält, was zugunsten aber auch zulasten des Beschuldigten spricht und welche Strafe als angemessen für die Tat erscheint.
  • Der Verteidiger, falls ein Anwalt bei der Hauptverhandlung zugegen sein sollte, stellt die Sachlage aus der Sicht des Angeklagten dar und macht auch einen Vorschlag zur Ahndung.
  • Bei Jugendlichen haben die Erziehungsberechtigten, sofern sie bei der Hauptverhandlung zugegen sein sollten, die Möglichkeit eines „letzten Wortes“.
  • Der Angeklagte hat das letzte Wort.
  • Der Richter legt das Urteil nieder. Bei Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht und der Jugendkammer zieht sich der vorsitzende Richter mit den Jugendschöffen zur Beratung zurück.
  • Das Urteil wird verkündet.

Wegen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Schreibform verwendet