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Thesen zum Thema Jugenddelinquenz

  • Oft liegen die entscheidenden Ursachen für abweichendes Verhalten Jugendlicher im Jugendalter selbst begründet.
  • Das Jugendalter ist die Phase der Identitätsfindung, zu der nicht nur gehört, dass sich Jugendliche z.B. durch Haartracht, Kleidung, Sprache oder Musik von der Welt der Erwachsenen abgrenzen, sondern zu der auch gehört, dass ausprobiert werden muss, wie weit man in bestimmten Situationen gehen kann.
  • Um die Grenzen zwischen gesellschaftlich gebilligtem, und allgemein nicht (mehr) akzeptiertem Verhalten erkennen zu können, werden diese auch manchmal überschritten.
  • Der Prozess des Erwachsenwerderdens, bringt grundsätzliche Unsicherheiten und Probleme mit sich, z.B. wie schon oben genannt die Identitätsfindung und das Bemühen einen vollständigen sozialen Status zu erreichen. Durch die in unserer Gesellschaft typischen langen Ausbildungszeiten ist auch dieses Stadium der Unsicherheit, des Auslotens und Ausprobierens von Verhaltensspielräumen und -möglichkeiten und des Abgrenzens von den Erwachsenen immer länger geworden. Damit aber auch der Zeitraum, in dem es zu Normverstößen aller Art, also keineswegs nur zu Verstößen gegen die Strafrechtsnormen, kommen kann.
  • Alltägliche Situationen bieten einen Anreiz zum Begehen von Straftaten. Jugendlichen ist oft der Unrechtsgehalt ihrer Taten noch nicht bewusst.
  • Jugendkriminalität resultiert oft aus einer Gruppendynamik. Die Peer-Group (Gleichaltrigengruppe) nimmt mit zunehmendem Alter der Jugendlichen eine wesentlich wichtigere Funktion als das Elternhaus ein. In der Gruppe suchen Jugendliche Identität, Anerkennung, Orientierung und gleichzeitig auch Abgrenzung von Erwachsenen und der Gesellschaft. Symbolisch wird diese Abgrenzung z.B. durch Kleidung, Haartracht und Musikstil zum Ausdruck gebracht. Viele Straftaten Jugendlicher rühren aus Imponiergehabe (eigene Schwächen zu überspielen), verbunden mit "Mutproben" und dem Reiz etwas Verbotenes zu tun, her. In manchen Peer-Groups steigt der Status des Mitglieds mit der Begehung von Straftaten.
  • Gerade bei der episodenhaften, ubiquitären (allgegenwärtigen), altersspezifischen und (im Regelfall) vorübergehenden Jugendkriminalität sind nicht nur die formellen Kontrollinstanzen - wie Polizei, Justiz oder Jugendamt - gefordert, sondern auch die informellen Kontrollinstanzen - wie Familie, Freundeskreis oder Schule. Um bei den Jugendlichen normgerechtes Verhalten zu verinnerlichen und die Normabweichung zu verdeutlichen, sind klare und eindeutige Antworten und Reaktionen von der "Erwachsenenwelt" vonnöten. Eine zeitnahe Reaktion staatlicher Instanzen auf normabweichendes Verhalten ist wünschenswert, wegen der Überlastung der Justiz jedoch leider oft nicht praktikabel.
  • Nur ganz selten kommt es bei Jugendlichen zur Entwicklung einer "kriminellen Karriere". Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen schwierigen Lebensverhältnissen, "schlechtem Schulabschluss", Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug, Wohnungslosigkeit, Verschuldung, sozialer Isolation, Drogenabhängigkeit und wiederholter Straffälligkeit. Je orientierungs- und perspektivloser ein Jugendlicher ist, desto größer ist die Gefahr, dass er mehrmals strafrechtlich in Erscheinung treten wird.
  • Junge Menschen unterliegen, da sie als Risikogruppe angesehen werden einer stärkeren sozialen Kontrolle, dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie (als Täter) entdeckt werden. Gleichzeitig zeichnen sich Straftaten von Jugendlichen oft durch ungeschicktes Vorgehen und "dilletantische" Durchführung aus, was wiederum zu einer hohen Aufklärungsrate führt.
  • Anonymisierung und Verstädterung unserer Gesellschaft kann dazu führen, dass die Anzeigebereitschaft steigt. Gleichzeitung erhöht sich z.B. diese Anzeigebereitschaft durch Meldungen in den Medien über die "gewalttätige Jugendliche und steigende Jugenddelinquenz".
  • Im Vergleich zu früheren Jugendgenerationen werden Freiräume von Kindern und Jugendlichen immer mehr beschnitten. Nicht ohne Grund wird Jugendkriminalität und insbesondere z.B. Gewaltkriminalität in verdichteten städtischen Ballungsgebieten häufiger registriert.
  • Sowohl Bagatellisierung als auch Dramatisierung jugendlicher Delinquenz können zur Manifestierung kriminellen Verhaltens führen.
  • Je "gerechter" ein jugendlicher Straftäter seine Strafe erlebt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er sein Verhalten angemessen ändert und nicht erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird.

Diese Thesen basieren auf der langjährigen Erfahrung der Jugendhilfe im Strafverfahren im Kreisjugendamt Ebersberg und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.